Es war das Jahr 2011 als mich aus dem Nichts heraus zahlreiche Menschen darauf ansprachen wie toll doch "das neue National Album" sei. Damit war dann wohl High Violet gemeint, welches 2010 erschienen war. Wieso diese verzögerte aber dennoch berechtigte Begeisterung zu Stande kam frage ich mich bis heute. Vielleicht gehören the National zu den Bands die Seit 10 Jahren gute Musik machen und dann durch Festivals und Live-Marathons den berechtigten Ruhm einheimsen. Fakt jedoch ist das Boxer im Vergleich zu High Violet das bessere Album ist. Schon allein wegen "Fake Empire". Nun ja seis drum. "Trouble Will Find Me" steht in den Startlöchern und das sehr arty geratene Cover verspricht nichts geringeres als die nationaltypische melancholische Stimmung. Eigentlich hatte ja "High Violet" den Weg für düsteren Stadionrock bereitet, den zuvor auch schon Interpol ziemlich stilsicher gegangen waren. Umso mehr verblüfft bin ich ich, dass the Trouble will find me eher einen Schritt zurück tritt. Keine Streicher, kein Kinderchor, keine üppigen Arrangements - Einfach Matt Berningers einzigartige Sad-Rock Stimme mit einer eher reduzierten Instrumentalisierung von Mastermind Aaron Dessner. Die erste Auskopplung bzw. der erste Teaser des Albums heisst Demons und ist vielleicht noch der pompöseste Song des gesamten Albums und somit eher albumuntypisch. Der Song der für mich das Album charakterisiert ist wohl "Heavenfaced". Zu mal er textlich wohl einer der besten Songs ist. Dennoch hat auch "Trouble Will Find Me" seine schwächen. Diese beziehen sich nicht wirklich auf die Einzelsongs. Die Songs sind einzeln alle durchaus schön. Dennoch schleppt sich das 14-track-starke Album gegen Ende über die Ziellinie. Wie gesagt, es ist immer gut, es ist immer traurig aber es ist aber auch immer ziemlich gleich und auf Albumlänge anstrengend. Es fehlen allzu oft die Leuchttürme, die zu Beginn des Album mit "Demons" und der neuen Single "Sea Of Love" geboten sind.
Nichtsdestotrotz ist "Trouble Will Find Me" ein wunderbar Sad-Rock Album und The National gehören mit Interpol definitiv zu den Königen dieses Genres. Nicht hoch genug anzurechnen ist the National, dass sie sich nicht Richtung Stadion orientiert haben, sondern konsequent ihren Stil verfeinert haben und so erinnert auch "Trouble Will Find Me" mehr an Alligator oder Boxer als an High Violet. Daher müssen sich eher die National-Neulinge mit einer Änderung herumschlagen als die alteingesessenen Nationaler. Dafür Respekt und 70% meiner traurigen Zigarette. Wertung:
Wollen wir jetzt alle mal so tun als ob das eine ganz regulärer CiH Post ist? Gut! Ich weiss, dass ich (wir) recht lange abstinent waren. Ich endschuldige mich hochoffiziell für mich und meine Mitstreiter. Es lag zumindest in meinem Falle nicht ausschließlich, dass das Beenden meines Studium ziemlich viel Zeit beansprucht hat, sondern dass ich offen gestanden der Musik und dem Schreiben über Musik etwas überdrüßig wurde. Manchmal muss man Sachen einfach auch mal eine Weile Ruhe lassen, um sie dann mit neuer Energie und (hoffentlich) Ausdauer widerzubeleben. Es macht natürlich mehr Spaß, wenn ihr auch mal eure Meinung zu den hier diskutierten Themen in den Kommentaren oder über FB kund tut. Danke und viel Spaß beim Lesen der 1. Post CiH Review. ;-) Euer Andi
Hippie-Hipster-Musik? Neee! Oder doch?
Zugegeben, als ich zuerst von diesem Album gehört habe, dachte ich ohne je einen Song gehört zu haben: "Was ist das den Peace für ein Hippie-Bandname... das geht absolut nicht mehr." Danach habe ich die EP "Delicious" erstmal lange ignoriert und in der Playlist nach hinten verschoben. Wirklich aufgerüttelt hat mich dann eigentlich erst die NME-Review des Album. Sie hielt mir als Hörer den Spiegel vor. Sehr lesenswert. Aber zurück zum Album "In Love". Die Band stammt aus Worcester auf der Insel und das hört man auch in jedem Song. Die Band spielt sich mit jeweils abgewandelten Indie-Pop/Rock der 70er, 80er, 90er Englands ohne die Bezüge überzustrapazieren. Mal Stone Roses, mal Stones, Immer tanzbar und nie angestaubt wirken die Songs trotzdem wie gemacht für das 21. Jahrhundert. Die Songs schwanken auch textlich zwischen jugendlicher Leichtigkeit wie in "Follow Baby" und tiefer Melancholie in "California Daze" wie man sie einer so jungen Band gar nicht zutraut. immer zwischen Surfbrett und Rotweinstimmung. Man kann jetzt sagen, das passt auf einer Platte doch nicht zusammen und vielleicht hat man damit auch recht. Nichtsdestotrotz schaffen Englands neue Lieblinge die Übergänge so grandios. "In Love" ist abwechslungsreich und kommt bei 14 Songs fast ohne Lückenfüller aus. Songs wie "Delicious" schaffen es immer wieder zu überraschen und bringen Drum N' Base Einflüsse auf die Platte um dann wie in guten Vampire Weekend Songs alles in einen genialen Refrain zu überführen, der nicht nur tanzbar sondern auch rockig ist.
Das bereits erwähnte "California Daze" wird es aller Voraussicht nach auch in meine Top-Songs 2013 schaffen. Es hätte auch schon in 2012 rutschen können, denn diese großartig melancholische Mitgröhlhymne zum Ende des Debuts hin, war bereits auf der EP vertreten. Naja besser spät als nie! Dafür bekommt das Album auch einen Bonus und somit 90% meiner virtuellen Höllenzigarette.
Hier, ohne große Worte zu verlieren, der zweite Akt des SEA + AIR Interviews. Heute erzählen uns die beiden jungen Künstler etwas über den Aufnahmeprozess von "My Heart's Sick Chord", Abenteuer in der Badewanne und gute Musik. Den Grimme-Preis verdächtigen ersten Akt gibt es hier.
"Ich saß mal in der Badewanne und hab da einen Song eingesungen."
CiH: Könnt ihr mir zum Aufnahmeprozess an sich ein bisschen was
erzählen, wo habt ihr das Album aufgenommen und wer hat es produziert?
Eleni: Wir haben daheim angefangen im Dezember 2010 und da hat ein
Freund von uns vieles an den Soundeinstellungen gemacht. Den hatten wir ursprünglich
als Producer angeheuert aber es hat sich herausgestellt, dass er als Engineer
die beste Arbeit leistet und er hat sich dann hauptsächlich um
Soundeinstellungen gekümmert - die Basics, mit denen wir dann gut arbeiten
konnten. Dann haben wir in Regensburg noch zwei Songs aufgenommen mit 'nem
anderen Produzenten.
Daniel: Aber da war es ähnlich. Wir haben einfach festgestellt, dass
wir keinen Produzenten brauchen. Wir wissen genau, was wir wollen.
Eleni: Genau, wenn es um Produktion oder auch Arrangements der Songs
geht, lassen wir uns eigentlich nicht so gern reinreden.
Daniel: Genau. Dadurch dass wir wissen was wir wollen, brauchen wir
nur jemanden, der das umsetzen kann, was wir uns vorstellen.
Eleni: Wir sind jetzt nicht so die Soundcracks und Tekkies - für die
Umsetzung brauchen wir dann fähige Leute und da haben wir viele im
Freundeskreis.
Daniel: Man kann sich das so vorstellen, dass wir verschiedene
Settings ein paar Tage lang mit Hilfe durchprobiert haben und irgendwann stand
der Sound dann mehr oder weniger so, wie man ihn auf dem fertigen Album hört.
Das nächste halbe Jahr haben wir dann alleine Start und Stop gedrückt - da
spart man einiges an Geld und kann lange rummachen, bis es dann gut wird.
CiH: Okay. Gibt es irgendwelche Anekdoten zum Aufnahmeprozess. Scott
Walker hat auf seinem letzten Alben ja auf Tierfleisch rumgehauen - gab 's da
irgendwas?
Eleni: (lacht) Stimmt, diese Doku (30th Century Man) haben wir erst kürzlich
im Urlaub angeschaut.
CiH: Riesen Musiker der Typ.
Eleni: Total.
CiH: Na und Elvis hatte ja irgendwie mal ein Schlagzeug auf dem Klo
aufgebaut wegen dem Sound. Gabs da was?
Daniel: Also wir haben ein sehr verwinkeltes Haus und da haben wir
schon viel ausprobiert.
Eleni: Ich saß mal in der Badewanne fällt mir gerade ein, da hab ich
einen Song eingesungen - aber das war für Jumbo Jet, das zählt nicht.
Daniel: Nee, aber wir haben immer versucht so viel natürlichen Hall
oder Raumklang auszuprobieren wie möglich und haben da wirklich in dem
verwinkelten Haus jede Ecke ausprobiert. Das ist schon lustig, wie der Amp in
verschiedenen Räumen klingt und so. Aber da sind wir noch sehr am Anfang
unserer Möglichkeiten. Wir haben da noch super viele Ideen, wie man noch natürlicher
aufnehmen kann und da hakst du nach zwei, drei Alben nochmal nach, da gibt 's
sicherlich paar gute Stories.
"Wir wollen auch einfach mal unsere Instrumente beherrschen."
CiH: Na gibt 's schon Pläne für das nächste Album?
Daniel: Inhaltlich wissen wir genau was wir machen wollen und werden
aber das wollen wir noch nicht verraten. Was wir sagen können ist, dass wir
versuchen werden, das nächste Album ein bisschen mehr live klingen zu lassen.
Das heißt mehr Extreme.
Eleni: Was beim letzten Album ein wenig auf der Strecke geblieben ist,
waren so Dinge wie - wie sollen unsere Stimmen klingen, da war eine große
Unsicherheit da. Und das entwickelt man nur durch das live spielen, genau so
läuft es auch mit den Songs an sich. Da wollen wir beim neuen Album mehr drauf
achten.
Daniel: Was sich auch sehr entwickelt, ist das Umgehen mit Ideen.
Ausprobieren im Studio ist zwar schön, aber das Ganze festzuhalten und live zu
entwickeln - mit dieser Live-Erfahrung setzt man das auch später im Studio
intensiver um. Also wenn wir beim ersten mal vier Monate für das Technische
und zwei Monate für das Spielerische hatten, wollen wir diesmal einfach das
Spielerische verlängern. So werden zum Beispiel auch die neuen Lieder gleich
live ausprobiert.
Eleni: Und wir wollen auch einfach mal unsere Instrumente beherrschen.
Bringen wir es mal auf den Punkt.
Daniel: Genau. (lachen)
CiH: Na kommt, das klappt doch schon ganz gut. Seid ja auch schon
lange dabei - Noisetoys, Jumbo Jet, Daniel Benjamin und auch so - vom
Jugendhaus am Albtrauf zu - was war das größte Publikum, das ihr bespielt
habt?
Eleni: Das war eben der Support bei Whitney Houston und Festivals natürlich.
CiH: Ihr habt in eurem Blog auch so ein bisschen reflektiert über den
Zwiespalt, das zu machen, was man will und trotzdem Musik verkaufen zu können.
Hat sich da was verändert von den alten Projekten zu SEA + AIR?
Daniel: Wir haben festgestellt, dass man nichts an der Musik verändern
muss um Leute zu erreichen. Das ist wie mit der Titelreihenfolge vorhin. Es ist
so, und ich hoffe viele Menschen nehmen sich das zum Anlass mal umzudenken, dass
man in erster Linie optisch auf Musik reagiert. Nur weil das bei mir nie so
war, kann ich nicht davon ausgehen, dass das bei anderen so ist wie bei mir.
Also haben wir darüber nachgedacht, wie man sich optisch präsentiert.
CiH: Und du behauptest noch nie optisch auf Bands reagiert zu haben?
Daniel: Ich hab nicht gesagt, dass ich es nie habe aber in erster Linie
nicht, da geht 's mir um die Musik. Ich hatte das früher zum Beispiel mal als
ich mir als 13-jähriger die Circus-Platte von Lenny Kravitz, wo er Dreadlocks
an den Schamhaaren hat - da dacht ich kurz, okay - aber die Platte an sich ist
halt dann richtig gut, egal wie er aussieht.
Eleni: Björk ist ja auch der Meinung, dass viele ihrer Hörer die
Musik nicht checken würden, wenn sie nicht die visuellen Bilder dazu hätten.
Das heißt, den ganzen Aufwand, den sie mit ihren 10 000 Fotos betreibt, macht
sie, um mehr Leute für sich zu gewinnen. Das ist ja klar, wenn man Musik
macht, will man nicht in seinem Kellerloch bleiben und wenn du die Leute
erreichen willlst, musst du verstehen, dass die meisten eben so funktionieren:
sie nehmen Musik erst mit ihren Augen wahr und dann mit den Ohren.
"Ich würd' mich auch für den Playboy ausziehen."
CiH: Okay, das ist vielleicht Ansichtssache. Das ist doch auch eine
Art von Kunst - eine gewisse Ästhetik, die mit einer Band kommt. Grade
Kraftwerk oder die Stones, die ja auch alle eine gewisse Ästhetik besitzen.
Eleni: Klar, wenn das Hand in Hand geht, ist das ja legitim - ich bin
da überhaupt nicht dagegen, ich mag das selber ja auch. Aber wenn es dann nur
darum geht, dass man irgendwie gut aussieht auf der Bühne und die Musik völlig
zweitrangig ist, das kann es halt nicht sein. Aber solche Bands sind natürlich
auch erfolgreich und da muss man sich dann schon wundern und sich fragen, hören
die Leute da hin oder schauen sie nur zu.
Daniel: Naja, selbst von den Leuten, die die dadurch gewinnen bleiben
denen zehn Prozent treu. Das sind dann Leute, die haben das drumherum
vielleicht gebraucht als Tür, aber die hören dann auch mal genauer hin und
erkennen Qualität, sofern die vorhanden ist. Und bei der Vielzahl an Musik
heutzutage, braucht man ja irgendwas als Initialzündung.
Eleni: Genau. Es gibt einfach zu viel. Wie will man da bestehen?
Daniel: Und da macht man alles für. Da würd’ ich mich auch mit der
Unterhose für 'n Playboy ausziehen, wenn sich die Leute dann für meine Musik
interessieren, scheiss drauf. (lacht)
CiH: Also gibt es schon eine ästhetische Konzeption hinter SEA + AIR?
Daniel: Ja... auf jeden Fall.
Eleni: Die da wäre?
Daniel: Hm, die da wäre? (beide lachen)
Eleni: Also es gibt ein Konzept hinter allem, das auf jeden Fall. Also
angefangen mit dem Namen, mit unseren Wortspielen. Die Elemente die man sich
ausgewählt hat.
Daniel: Frau und Mann.
CiH: Der Bart.
Daniel: Genau, der Bart. (lachen)
CiH: Ja, die Frage ist ja, ob es überhaupt möglich ist, im
Musikbusiness unterwegs zu sein und kein ästhetisches Konzept zu haben. Ich
bin ja großer Oasis Fan und als ich Mitte der Neunziger Fan wurde, meinte ich
immer so "Ja hey, die sind einfach so normal und laufen in ganz normalen
Klamotten rum" - wobei dieses ganze Straßen-Ding, Adidas-Anzüge und so,
natürlich genauso ein Konzept ist, das auch bewusst gepusht wurde.
Eleni: Genau und selbst wenn du kein Konzept hast, wird es dir
zugeschrieben, das ist der Punkt.
CiH: Genau so, kuck mal, die laufen "normal" rum.
Eleni: Ja, da kannst du machen, was du willst. Im Endeffekt ziehen wir
das an, worauf wir Bock haben und gut is. Wir haben spezielle andere Dinge, die
wir mit auf die Bühne nehmen. Wir versuchen auch theaterhafte Elemente in die
Bühnenshow mit einzubauen. Das hat sich entwickelt, das haben wir uns vorher
nicht groß überlegt. Das entstand eher so aus einer Laune heraus.
CiH: Und wenn das so entsteht kann doch auch der Aspekt cool sein.
Klar, wenn die Musik scheisse ist oder langweilig oder 'ne billige Kopie, dann
kann der noch so geil angezogen sein, dann geht mir das am Arsch vorbei. Aber
wenn die Musik mal stimmt, dann ist dieses visuelle und ästhetische als
Zusatzding einfach 'n Bonus.
Eleni: Auf jeden Fall.
CiH: Ok, nächste Frage. Wieso ist "You Are" nicht auf der
Platte, wenigstens als Bonus- Track?
Eleni: Das kommt auf die nächste Platte.
CiH: Wurde ja schonmal auf 'ner Daniel Benjamin-Platte veröffentlicht,
ist ja schon recht alt das Lied?
Eleni: Genau. Hm, ich weiß gar nicht mehr genau, wann wir das aufgenommen
haben, das Lied, 2004 oder 2005, glaub ich, ich denke das war auf der
allerersten Daniel Benjamin Platte. Ja, da fragen immer wieder Leute danach, so
dass wir beschlossen haben, das auf jeden Fall nochmal aufzunehmen. Ein
bisschen anders dann, ja.
CiH: An dem Song sieht man doch schön, es brauch nicht viel. Das ist
so ein Ding, der Song ist richtig geil und packt einen, Punkt. Das kann man mit
Worten gar nicht richtig ausdrücken, wenn es passt, dann passt es.
Eleni: Stimmt, das ist eine eigene Ebene.
CiH: Auch wenn man sich die Videos der Live-Performances anschaut, für
euch live ist das sicher noch intensiver aber wenn der Song dann aufhört und
erst mal Stille ist und dann ein kurzer Moment, bevor dann der Applaus losgeht.
Eleni: Das liegt doch daran, dass wir das Publikumam Anfang mit unseren kryptischen Zeichen
unter Hypnose versetzen. Dann können die nicht anders. (lacht) Nee aber ich
wundere mich selber darüber, kann mir das auch nicht erklären aber der Song
hat eine krasse Wirkung auf die Leute, ja.
"Manchmal steht einem der Kopf im Weg."
CiH: Wobei das ja eigentlich ein recht simpler Song ist, also jetzt
kein komplex verschachteltes Prog-Rock-Monster. Wie einfach ist es denn, einen
einfachen Song zu schreiben?
Daniel: Naja, manchmal steht einem da der Kopf im Weg, sag ich mal.
Wobei wir eben bei SEA + AIR versuchen, den Kopf abzuschalten, weil wir gemerkt
haben, selbst verkopfte Bands wie Sonic Youth zum Beispiel: das beste Album von
Sonic Youth, mit Abstand, Daydream Nation, ist nicht verkopft. Es ist zwar
kompliziert teilweise, man braucht zwanzig mal um reinzukommen aber man merkt
einfach, dass es aus dem Bauch kommt. Man kann auch Bach nicht vorwerfen, dass
er verkopft ist, der ist halt einfach so gut. Und so ist Sonic Youth, die sind
wenn verschachtelt, dann aus dem Bauch heraus. Deswegen werden wir vielleicht
auch immer Momente haben wo Leute denken, das ist jetzt verkopft aber ich denke
wir schaffen es dann auch eben so ganz simple Songs zu schreiben und haben da den Vorteil, dass wir keine Noten lesen
können, das heißt wir müssen uns gewisse Sachen in Liedern einfach merken können
und das läuft immer auf irgendwelche Hooks hinaus. Das merken wir auch gerade
wieder, wir nehmen grade B-Seiten auf und legen die Gesangslinien drüber,
schreiben quasi Gesangsteile. Und man merkt spätestens am nächsten Morgen,
was gut war und was nicht - das, was man sich merken konnte war gut und das
andere nicht.
CiH: Okay, ja. Daniel jetzt hast du schon ein bisschen von euren
Einflüssen erzählt. Was beeinflusst euch denn aktuell, welche Platte liegt
daheim auf dem Plattenteller?
Eleni: Entspannungsübungen nach Jakobsen. (lachen)
Daniel: Nee, es gibt grade kein Daheim, weil wir gut 300 Tage im Jahr
nicht daheim sind.
Eleni: Und für unterwegs haben wir uns gute Compilations zusammengestellt.
CiH: Was ist da so drauf?
Daniel: Grade konzentrieren wir uns ein bisschen auf den einzelnen
Song, da sind Bands dabei wie Crowded House zum Beispiel dabei oder Journey
auch - die zwar absolut uncool sind aber super Songs schreiben. Im Moment sind
wir da ziemlich poppig unterwegs, alles was einen pusht und berührt.
CiH: Ich find das übrigens cool, dass du völlig ohne ironsiche
Brechung U2 als eine deiner Lieblingsbands nennst.
Daniel: Ja klar, U2 waren meine Beatles. Deswegen kann ich auch nie zu
verkopft werden, das beschützt mich davor.
"Kate Bush ist die beste Komponistin, die es bisher je gab."
CiH: Okay, wenn wir grade bei den Songs sind, was ist denn dann für
euch der eine perfekte Song?
Daniel: Für mich "The Unforgettable Fire" von U2.
Eleni: Hm, das ist schwer.
CiH: Blöde Frage eigentlich.
Eleni: Ja, das ist schwer sich zu beschränken. Hm, vielleicht
"Cloudbusting“ von Kate Bush.
CiH: Kate Bush. Die hört man nicht allzu oft als Einfluss. Ich hab
die vielleicht vor 'nem Jahr oder so entdeckt, da hab ich mir ihr Debüt Album
gekauft und das ist schon abartig geil.
Daniel: Ja, also hier, Quote: Kate Bush ist die beste
Musiker/Komponistenfrau, die es bisher je gab. Also wenn die Eleni das toppen
will, dann muss sie alt werden. (lachen) Ne, jedes Kate Bush Album, bis auf
"Red Shoes", das letzte vor der langen Pause, das ist noch am schwächsten,
aber jedes hat einen Klassiker und jedes ist stark, selbst die Sachen, die sie
heute macht, das letzte "50 Words For Snow" - Hammer geiles Album und
jedes Album immer in sich stimmig.
CiH: Sie ist ja auch ein gutes Beispiel für jemanden, der es schafft,
den musikalischen Anspruch, den ästhetischen Anspruch und auch den Kommerz so
auszupendeln, dass es passt.
Eleni: Genau, trotzdem ist sie ja mit der Maschinerie des Business
nicht so ganz klar gekommen.
Daniel: Wobei das nicht klarkommen vielleicht auch ein bisschen
dazugehört. Das ist ja bei Prince genauso.
Eleni: Ja klar, abersie war
dann für zwölf Jahre weg vom Fenster.
Daniel: Genau aber deswegen will nach zwölf Jahren auch wieder jeder
was von ihr hören.
Eleni: Gut, sie hat sich den Mythos der jungen Kate Bush erhalten, so
stellt man sie sich immer noch vor.
CiH: Und im Strampelanzug auf der Bühne oder was war das bei diesem
einen Konzert, wo sie so ganz komisch.
Eleni: Ja, nach jedem Song Kostümwechsel.
Daniel: Aber deswegen hab ich
auch "Unforgettable Fire" gewählt, da ist das auch alles vereint.
Kompositorisch eine Meisterleistung aber trotzdem eingängig ohne Ende, da
packen sie alles in einen Song so.