Mittwoch, 28. März 2012

Timid Tiger - The Streets Are Black

Die Frühlingssonne scheint! Zeigt aber auch den Dreck, der auf der Straße liegt!


1. The Streets Are Black 2.Miracle 3.Hangin' In The Sun 4.The New Catastrophe 5.Love Like You've Never Been Hurt 6.The Sun Goes Down, The Streets Are Black 7.You And Me 8.Walking In The Sand 9. Many Miles Away 10.Back From Hell 11.Every Time We Talk 12.Astronaut

Im Jahr 2005 kam ein Album auf den Markt mit einem Cover auf dem eine Katze abgebildet war. Damals verblüffte eine junge Band mit ungezwungenen Bubblegum-Pop mit starken Electronica einflüssen. Das Album wurde durch das Internet gehypt... obs an der Katze lag? oder doch an der ausserordentlichen Qualität dieses Erstlings. Jetzt steht schon das dritte Album "The Streets Are Black" an und man kann den fünf Kölner Jungs einen Reifeprozess attestieren.

War beim Debut noch alles Rosarot ist heute mehr Dunkelheit in die Platte eingezogen. Was sich schon am Titel der Platte "The Streets Are Black" erahnen lässt, manifestiert sich schon bei den ersten Tracks. Nahezu alle Tracks zeichnen sich durch eine sommerliche Leichtigkeit aus aber auch immer mit etwas Schatten und düsteren Elementen. "Hanging in the Sun" passt einfach gerade super zum Frühlingsanfang. Schön sonnig und trotzdem wirds am Abend kalt.  Die Single "Miracle" ist ein toll arrangierter Popsong, der einfach funktioniert bei dem mir aber etwas die Komplexität fehlt. Aber naja ist ja ein Popsong.



 
Der Sprechgesang (Rap ist es nicht wirklich) wird in der neuen Platte häufiger zum Einsatz gebracht als in den vorhergegangeren was auch zum guten Flow der Platte passt. Leider muss ich sagen sind die Stücke mir von der Grundstimmung her dann aber doch zu eintönig und trotzdem nicht so eingängig wie auf dem "Pile of Pipers"-Album noch. Das belegen zum Beispiel Stücke wie "Back From Hell". 

Eine wirkliche Empfehlung im Sinne von das ist der beste Song des Albums lässt sich nur sehr schwer machen. Sie bewegen sich alle immer ungefähr auf konstant gutem Niveau. Was auch schon der Hauptkritikpunkt an dem Album ist.

Was man aber den Marketing Füchsen lassen musst. Es ist eine Scheibe die wie die Faust aufs Auge in diese Jahreszeit passt. Die Sonne kommt langsam zu kräften und das Gemüht wird heller. Läuft man aber durch die Stadt sieht man was der Winter für einen Dreck gebracht hat. Der Frühjahrsputz steht an vielleicht zu den Sounds von Timid Tiger. Davor aber erstmal noch 70% meiner Kippe rauchen. Zuviel Reinlichkeit ist ja auch nicht gut.

erscheint am 30. März 2012 via PaperCut

Wertung:



Mittwoch, 21. März 2012

Me And Oceans - The Pond

Soundschnibbelei mit Lust, Leidenschaft und Gehör


1. The Pond 2.Pass By 3.When I Was A Dance 4.Another Weekend 5.Sep/Okt 6.Giant II

Letzes Jahr an der selben Stelle habe ich euch A Forest, die kurz darauf mit ihrer EP "A Square" Deutschland betourten und das antscheinend mit durchschlagendem Erfolg. Sie haben es sich verdient. Nun macht sich Fabian Schütze daran diese Erfolgsgeschichte mit seinem Projekt Me And Oceans Solo weiterzuschreiben. Er geht mit seiner EP "The Pond" an den Start.

Wenn man die EP zum ersten mal hört, kann man sich vorstellen was für ein Stückwerk die Produktion gewesen sein muss. So viele Samples stecken in den sechs Stücken, die die Nähe zu der A Forest EP nicht verheimlichen und trotzdem eigenständig sind. Das hört sich jetzt alles zusammengeschustert an - ist es auch aber das wunderbar liebevoll mit viel atmosphärischen Gespühr. Ein bisschen Orgel hier ein bisschen Electronica da und dazu eine sehr warme Männerstimme lassen schon beim Titeltrack die Ausrichtung von Me And Oceans erkennen. Der Song kommt ruhig und trotzdem mit aussergewöhnlichen Rythmus daher.

Das Niveau dieser EP ist durchgängig gut aber, auf Dauerrotation würde ich es nicht hören können. Wobei das Stück "Another Weekend" hier heraussticht und in jeder chilligen Szenekneipe gut funktionieren würde. Der Beweis hier.





Eigentlich machen wir ja bei so "kurzen" Alben oder EPs keine Wertung aber heute mach ich mal ne Ausnahme. Ich gebe dem  Tümpel, der musikalisch eher einem weiten Meer entspricht (was auch besser zum Bandnamen passen würde)  70% meiner Zigarette.

erschienen am 16.3.2012 über AnalogSoul
Homepage

Wertung:



Freitag, 16. März 2012

Olli Schulz - SOS Save Olli Schulz

Manchmal wunderbar - manchmal Klamauk!

1. Wenn Es Gut Ist 2.Irgendwas Fehlt 3.Ich Kenn' Da Ein 4. Ich Dachte, Du Bist Es 5.Old Dirty Man 6.Crew 7.Schrecklich Schöne Welt 8.Vorspiel 9.Spielerfrau 10.H.D.F.K.K. 11.Alles Richtig 12.Alles Richtig 13.Koks & Nutten 14.Briefmarke 15.Der Kleine Bär 16.Phosphorman 16.Verliebt in 2 Mädchen 17.Danke An Alle

Ich bin großer Freund von Olli Schulz seit "Brichts Du Mir das Herz, dann brech ich Dir die Beine" damals noch mit dem Hund Marie. Ist also schon ein Weilchen. Und wer jemals schon auf einem Olli Konzert war, weiss dass man es niemals vergisst. Die Geschichten kombiniert mit den tollen Songs ist wohl einzigartig in Deutschland. Jedoch ist das Niveau von Olli seit der Hund weg ist meiner Meinung nach etwas gesunken. Mal sehen ob der gute Olli Schulz eine Trendwende mit seinem neuen Werk "SOS - Save Olli Schulz" feiern kann. Ansonsten wird das mit der Rettung schwer.

Das neueste Machwerk umfasst ganze 17 Tracks aber Ollitypisch versehen mit kleinen 20 sekündigen Zwischenlachern. Wers braucht... Der Opener ist ganz klassisch auch die Single namens "Wenn es gut ist". Hier sieht man die songwritertechnische Qualität, die in diesem unscheinbaren Olli Schulz steckt. Einfach formulierte Weisheit verpackt mit klassischen Songwriter Gitarre. Dem 2. Track "Irgendwas fehlt" ist ebenso toll geschrieben trotzdem fehlt dem Song ironischer Weise was. 
Dann geht der Klamauk los. Bei "Ich kenn' da ein" wird in den Ragga-Seed-Kosmos eingedrungen. Das ist ja ganz witzig aber auf Repeat kann man das nicht hören. Leider sind so grob die halbe Platte mit Songs die lustig sind gespickt. Für meinen Geschmack ist das zwar etwas zuviel aber hey wers mag. Ausserdem sind zwei Songs davon auch wirklich toll "Spielerfrau" und "H.D.F.K.K." (Halt die Fresse krieg'n Kind) sind super. Gerade das zweitgenannte ist bereits in meinen täglichen Sprachgebrauch übergegangen. Leider haben es auf dei Albumversion nur drei Strophen geschafft. Die beste Strophe ist eigentlich die Raidohead-Strophe und gerade die hat es nicht geschafft. Schade. Aber auf Youtube kann man sie ja anhören.



 
 Ich habe nicht schlecht gestuzt als ich auf der Tracklist den "Song der kleine Bär" gelesen habe. Zu Hund Maries Zeiten war das nämlich eine B-Seite der Moment-EP und gehörte seit dem zu meinen absoluten All-Time-Favorite Songs. Leider wurde er für das Album neue produziert hört sich nun aber irgendwie sanfter an. Ich finde den Song trotzdem immernoch grandios.

Nun kann Olli sich mit diesem Album retten? Ich glaube die Trendwende ist geschafft aber ganz der Alte ist der Olli noch nicht. Aber ich glaube es wird bald alles wieder gut sein. Und wenn es gut ist wird es schön sein. Und daher gibts 70% meiner Kippe.

erschienen am 16. Februar via Trocadero

Wertung:



Donnerstag, 15. März 2012

Lee Ranaldo - Between The Times And The Tides

Sonic Youth Light



01.Waiting On A Dream 02.Off The Wall 03.Xtina As I Knew Her 04.Angles 05.Hammer Blows 06.Fire Island (phases) 07.Lost (plane t Nice) 08.Shouts 09.Stranded 10.Tomorrow Never Comes

Hello Indie Kids! Ihr kennt doch bestimmt Sonic Youth. Das ist die Band die Kurt Cobain damals immer so gut fand. Weiter geht’s bei vielen leider nicht, was diese großartige Band angeht, die sicher mit zu den einflussreichsten Rockbands der letzten 30 Jahre zu zählen ist – man schaue sich nur an, welch prominente Leute z. B. die Tracklist des Compilation Albums „Hits are for squares“ zusammengestellt haben (u. a. Beck, Radiohead, Eddie Vedder). Man glaubt es auf das erste hören oft nicht, aber Sonic Youth haben eine ganze Menge schönster Melodien in ihrer bisherigen Diskographie versteckt (s. z. B. The Diamond Sea). Auf der anderen Seite sind sie aber eben auch Meister darin, diese Melodien im Laufe der Songs massiv zu demontieren. Vielen meiner musikalischen Freunde fiel aufgrund der starken Noiseelemente im Sound der Band bisher der Zugang zur Schönheit der Musik eher schwer (für eigentliche Fans macht aber genau das mit den Reiz aus).


Aber auch die Damen und Herren Sonic Youth scheinen im Alter ein wenig zahmer zu werden und so legte bereits Frontmann Thurston Moore im letzten Jahr mit „Demolished Thoughts“ ein recht eingängiges Folk-Pop-Rock Soloalbum vor, das aber durchaus überzeugen konnte. Nun folgt ihm Kollege Lee Ranaldo mit einem zwar eher zu elektrischen Gitarren tendierenden Album, welches aber auch um einiges eingängiger und poppiger daherkommt als die meisten Sonic Youth Alben. Auch die Noiseelemente sind deutlich zurückgefahren, klares Songwriting steht im Vordergrund. Zwar driften auch hier die Songs manchmal ein wenig ab, jedoch nie in einem Ausmaße dass von Demontage zu sprechen wäre. Vielmehr sind es Gitarrensoli, die sich ohne Probleme ins Gesamtbild der Songs einpassen. Neben den elektrischen Songs bestehen große Teile des Albums aus Akusitk Balladen wie „Hammer Blows“, die sowohl von der Instrumentierung als auch von der Stimmung wunderbar auf Thurston Moores Album gepasst hätten. So bekommen wir auf Lee Ranaldos "Between The Times And The Tides" also eine Art Sonic Youth Sound Light plus Akustik Balladen. Das wirkt nicht immer homogen, sondern eher wie eine Kollektion von verschiedenen Songs, kann aber aufgrund des starken Songwritings größtenteils überzeugen. Der Zugangist in jedem Fall einfacher als zu den meisten Sonic Youth Alben, mir persönlich würden mal wieder ein paar Soundexperimente ganz gut gefallen.

VÖ am 16. März über Matador

Montag, 12. März 2012

Noel Gallagher's High Flying Birds, Tonhalle München, 12.04.2012

Godlike Genius!
1.(It's Good) To Be Free 2.Mucky Fingers 3.Everybod's On The Run 4.Dream On 5.If I Had A Gun 6.The Good Rebel 7.The Death Of You And Me 8.Freaky Teeth 9.Supersonic 10.(I Wanna Live In A Dream In My)Record Machine 11.AKA...What A Life 12.Talk Tonight 13.Soldier Boys And Jesus Freaks 14.AKA..Broken Arrow 15.Half The World Away 16.(Stranded On)The Wrong Beach 17.Whatever 18.Little By Little 19.The Importance Of Being Idle 20.Don't Look Back In Anger

Für mich war es ja schon immer klar, aber jetzt hat Noel den vom englischen NME vergebenen Ritterschlag der Musikwelt - den Godlike Genius Award. Nun kam dieser gottesgleiche Künstler also gestern nach München in die Tonhalle. Irgendwie fühlte ich mich vor dem Konzert auf Grund einer stressigen Zeit, die vorraus ging abgespannt und weniger erwartungsfroh als ich die heiligen Hallen betrat. Leider finde ich die Tonhalle als Konzertlocation nicht wirklich geeignet. Das lag nicht einmal sonderlich am Sound - der war gut. Die Halle ist einfach nur architektonisch mit den Säulen, links und rechts nur schlecht für ausverkaufte Konzerte geeignet. Daher herrschte vor, während und nach des Konzerts klaustrophobische Enge. Keiner wollte seine Gottesaussicht von einer Säule verstellt sehen.

Als dann jeder seinen Quadratzentimeter Platz gefunden hatte gings auch schon los mit der Vorband namens "FOLKS". Viel muss man dazu nicht sagen, sie stahlen mit ihren 60s Gitarrenwänden und teilweise skurilen Outfits dem Hauptact definitiv nicht die Show. Nach ein bis zwei Songs zu viel verließen Sie dann die Bühne und die angetrunkene und zum Teil weit angereiste Crowd machte sich verschwizt (Es war verdammt warm) bereit für die Messe.
Noel findet den Weg auf die Bühne begleitet von wunderbaren "Noel! Noel! Noel!" Choralen. Er steht mit der Selbsticherheit eines Rockstars regungslos vor dem Mikrofon und eröffnet mit den Akkorden von "It's Good To Be Free". Ein Gott ist wer solche Songs zuerst als B-Seite veröffentlicht. Darauf folgte "Mucky Finger" vom Album "Don't Believe The Truth" und heizte dem Publikum durch seinen Drive noch zusätlich ein. Der ganze Abend war perfekt durchstrukturiert. Das Schema ruhige Hymne dann Song mit Drive wurde nur selten unterbrochen. Elektrisch ... Akkustisch, Upper... Downer (im Besten Sinne). 


Was mich verblüffte war jedoch die Textsicherheit und die Atmosphäre bei den "neuen" Songs. Die meisten Besucher waren in der Lage alle Songs (Oasis und Noel) mit breiter Brust mitsingen. Ein bis zwei Songs (aktuelle B-Seiten z.B. "The Good Rebell") waren hingegen noch nicht im Gesangsbuch der Messebesucher. Dafür wurden Smasher wie "Supersonic" nahezu komplett mit durchgesungen. Noel sprach zwischen den Songs für seine Verhältnisse sehr viel und interagierte mit dem Publikum. Auch liebe Beschimpfungen wie zu allerbesten Oasis-Zeiten durften nicht fehlen "Old bold Bastard!" 

Mit "The Wrong Beach" beendete Noel die Messe kurzzeitig um dann eine der besten Zugaben die man in Petto haben kann zu spielen. "Whatever", das zuvor mehrfach lautstark gefordert wurde eröffnete den Encore. Spätestens jetzt brachen alle Hemmungen aus vollem Herzen mitzusingen. Als zweiter Song wurde "Little By Little" fast sogar noch mehr abgefeiert und zeigte, dass diese Songs eigentlich für Stadien bestimmt sind. (Warten & Hoffen & so lange genießen). Versteht mich nicht falsch der Song war super und ich war verblüfft wie gut und sicher er noch funktioniert, aber 60.000 Stimmen sind stärker als 3.000. 
... Einmal kurz gehustet und der Rythmus macht klar "The Importance Of Being Idle" gröhlen und tanzen und sich treiben lassen auf einem Quadratzentimeter. Meine von Husten geplagten Stimmbänder bereiteten sich auf den letzten Segen namens "Don't Look Back In Anger" vor, das erst kürzlich als der Song mit dem besten Chorus gewählt wurde. Jetzt wurde aus der auch altersklassentechnisch unterschiedlichen Masse eine homogene Masse. Die Noel mit seinem wohl größten Hit zum Abschluss segnet. Amen!

Freitag, 9. März 2012

Ben Kweller - Go fly a Kite

Medium-Fantastisch!

1. Mean to me 2. Out the Door 3. Jealous Girl 4. Gossip 5. Free 6. Justify 7. Full Circle 8. The Rainbow 9. Time will save the Day 10. Miss you 11. You can count on me

Geschlagene drei Jahre hat sich das ehemalige Wunderkind Ben Kweller für sein neues Album Zeit gelassen und nebenher auch gleich noch seine eigene Plattenfirma, The Noise Company,  gegründet. Natürlich blickt nun die Musikwelt gepannt auf das, was er als Nachfolger des formidablen Countryalbums "Changing Horses" präsentiert. Muss ja schon was Dolles sein, nachdem er so viel Anlauf genommen hat.

"Mean to me", der erste Song der LP, lässt den Country dann auch gleich im Schrank, um in bekannter Frü-Kweller-Manier loszurumpeln und unerwartet im Refrain doch noch Richtung mehrstimmige Hymne abzubiegen. Ein wirklich gelungener Einstieg, der mit dem eingängigen "Out the Door" und der unverschämt poppigen Single "Jealous Girl" würdig fortgeführt wird.Bei "Gossip" kann das Piano noch so charmant über sich selbst stolpern und die Beach-Boys -Harmonien noch so energisch den Refrain schmücken, da wird einfach kein guter Song mehr draus. "Free" ist dann auch wieder Geschmackssache und erinnert an Bob Dylan - leider find ich den scheiße und somit auch diesen Song.





Mit dem zappeligen "Justify me" geht es dann wieder bergauf und für das anschließende "Full Circle" wird dann doch nochmal die Schranktür für den Country aufgesperrt und somit wird im Gallopp ins gospelige "The Rainbow" übergeleitet. Mit dem Standardocker "Time will save the Day" und "Miss you", das der 30jährige Buddy von Adam Green schon fünfmal unter anderem Namen veröffentlicht hat schippert das Werk dann langsam seinem ideenlosen Ende entgegen. Mit dem Abschlusstrack "You can count on me" gibts nochmal Countrymittelmaß, sodass unterm Strich sechs gute und fünf weniger gute Songs übrig bleiben. Macht dann nach Adam Riese 60% und die Bitte, dass jemand dem guten Ben doch mal ordentlich in den Arsch treten sollte.

erschienen am 27. Februar via The Noise Company

Wertung:









Donnerstag, 8. März 2012

The Magnetic Fields - Love At The Bottom Of The Sea

Zuckersüßer Zynismus

1.Your Girlfriend's Face 2.Andrew In Drag 3.God Wants Us To Wait 4.Born For Love 5.I'd Go Anywhere With Hugh 6.Infatuation 7.The Only Boy In Town 8.The Machine In Your Head 9.Goin Back To The Country 10.I've Run Away To Join The Fairies 11.The Horrible Party 12.My Husband's Pied-à-Terre 13.I Don't Like Your Tone 14.Quick! 15.All She Cares About Is Mariachi

Stephin Merritt ist der Kopf der immer schon etwas anderen Band the Magnetic Fields. Noch ziemlich zum Anfang der Karriere der Band wurde das Album "69 Love Songs" veröffentlicht und widmete sich dem im Album steckenden Thema. Jetzt - 13 Jahre später - erscheint das ein neues Machwerk namens "Love At The Bottom Of The Sea" udn widmet sich dem selben Thema aber von einer anderen Seite.


Irgendwie hört sich das ganze Album an als sei es aus den 80ern rausgehüpft und trotzdem hört es sich nicht altbacken an. Das liegt vermehrt daran, dass die Magnetic Fields keine Spielerei aus dem Synthielager auslassen. Das passt manchmal mehr und manchmal weniger. Verblüffend ist auch dass Mr. Merritt die Songs alle auf eine Länge von unter drei Minuten eingedampft hat.

Innerhalb dieser drei Minuten wird das Thema von sehr zynisch sarkastischer Weise betracht. Schon der Opener "Your Girflriends Face" wird über das von Drogen geschundene Gesicht der Freundin gesungen. Aber das wird zuckersüß fast schon im Stil eines Kindersongs verpackt dahin gesäuselt. Und in dieser Art geht es auch mit "Andrew In Drag" weiter, den für mich besten Song des Albums. Der eher folkig gestaltete Song besitzt einen äußerst catchy.





 

Leider sind auch einige der Songs gerade zum Ende des Albums hin eher zäh. Gerade der  Closer "All She Cares About Is Mariachi" könnte eins zu eins aus einem Musikantenstadel der 60er mit Heino gesampelt sein. Da helfen auch weder elektronische Spielerein noch das eigentliche Qualtiätssiegel der Magnetic Fields.

"Love At The Bottom Of The Sea" hat also zuckersüß verpackten Zynismus und kann im ersten Teil des Albums durch catchy Hooklines und Elektronikspielerei überzeugen doch auf 15 Song länge wirkt das dann doch etwas anstrengend. Daher bekommt das neue Magnetich Fields Album von mir auch "nur" 60% meiner wertvollen Zigarette.

erschien am 2.3.2012 über Domino
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Wertung:

Donnerstag, 1. März 2012

Deichkind - Befehl von ganz unten

Die Evolution des Prolls!

1. Tetrahedon 2. 99 Bierkaniser 3. Befehl von ganz unten 4. Leider geil (leider geil) 5. Der Mond 6. Illegale Fans 7. Partnerlook 8. Bück Dich hoch 9. Egolution 10. Pferd aus Glas 11. Der Strahl 12. Die rote Kiste 13. Roll das Fass rein 14. Herz aus Hack 
   Es war ein weiter Weg von „Nicke mit dem Beat und beweg Dein Arsch!“ bis zu „Grapsch Dich, quetsch Dich, schleim Dich hoch“, auch wenn das textlich nicht sofort zu erkennen ist. Deichkind sind ihn gegangen, vielleicht so konsequent wie keine zweite Band vor ihnen. Als die große Baggypantsblase sowohl in Stuttgart als auch in Frankfurt und Hamburg Anfang der Nullerjahre zerplatze, versuchten sich die Hamburger längst in Mülltüten-Techno, nur eine der vielen Zwischenstationen, die zur aktuellen Soundfindung beitrugen. Dass diese Konsequenz auch immer wieder Opfer mit sich bringt, sieht man am munter vor sich hin trudelnden Personalkarussell der „Crew vom Deich“. Lediglich Philipp Grütering ist von der Stammformation noch übrig geblieben und mit Sebastian Hackert ist vor zwei Jahren zu allem Überfluss auch noch der langjährige Haus- und Hofproduzent verstorben. Und was machen Deichkind? Sie bleiben weiter konsequent und legen mit „Befehl von ganz unten“ das beste Album ihrer Karriere vor, welches endlich sämtliche Stärken der Band vereint.

Schon auf dem Opener werden originelle Raps gekonnt mit Kirmesbeats der vermischt, sodass sich „99 Bierkanister“ wohl auch perfekt als Eröffnungssong für die anstehende Tour eignen würde. Der Titeltrack legt dann danach noch nen Zacken zu und empfiehlt sich als potentieller Diskostampfer für alle Altersklassen. Zugegeben, die aktuelle Single „Leider geil (leider geil)“ muss man ein paar Mal hören, aber dann wird es schnell zum Highlight dieser Parade der Hirngespinste, weil es wie kein anderes Stück eine Brücke zwischen dem HipHop des Debüts „Bitte ziehen sie durch“ und den Elektroflausen der Deichkind-Neuzeit schlägt. Oder, um es in den Worten der Band auszudrücken: „Hier in diesem Lied hat sich gar nix gereimt, hat keiner gemerkt – leider geil!“




 
 

Natürlich darf auch der Hit der Platte in der Tradition von „Remmidemmi“ und „Arbeit nervt“ nicht fehlen: Auf der Tracklist finden man ihn an 8. Stelle, er heißt „Bück Dich hoch“ und ich selbst habe schon mindestens zweimal betrunken dazu getanzt. Doch wer hier nur den blanken Nonsens vermutet, hat die Band einfach nicht begriffen. Hinter dem Ohrwurm verbirgt sich genauso wie hinter dem elektroclashigen „Illegale Fans“ ein durchaus ernst zu nehmendes gesellschaftskritisches Statement. In diesem Sinne hat die Band viel mit den Simpsons gemein, die ja auch auf verschiedenen Ebenen funktionieren. 
 
Wer das ruhigere, treibende “Luftbahn” der letzten Platte mochte, der wird auch an “Der Mond“ und „Der Strahl“ gefallen finden. Wer es gerne etwas verschrobener mag wie ich, dem werden bei Eigenartigkeiten wie „Egolution“ und „Partnerlook“ die Freudentränen in die Augen schießen. Fast jeder Track hält mühelos die Balance zwischen Anspruch und Irrsinn. Wer dann noch den Größenwahn besitzt ein solches Album mit einem Punksong wie „Die rote Kiste“ abzuschließen, der gehört wahlweise in die Klapse oder an die Spitze der Charts. Schön, dass der Band zweiteres nun mit dieser LP gelungen ist. Von mir gibt’s dafür ne ellenlange Zigarette. Die passenden Drogen müssen die Jungs aber selbst reintüten.

erschienen am 12.02.2012 via Universal

Wertung:














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