Donnerstag, 15. Dezember 2011

Serge Gainsbourg - Histoire de Melody Nelson (Deluxe Edition)

erschienen am 25. November 2011 über Universal



Scheiss auf Europa! Leider musste ich kürzlich wieder feststellen, dass wir trotz nun jahrelanger gemeinsamer Währung und noch längerer EU Geschichte ziemlich wenig über unsere europäischen Nachbarn wissen. Als ich in einer größeren Runde eigentlich musikinteressierter Menschen kürzlich einwarf, wie sehr ich mich auf die Wiederveröffentlichung von Serge Gainsbourgs 1971er Konzeptalbum "Histoire de Melody Nelson" freue, vor allem ist dann nämlich die Vinyl wieder in annehmbaren Zustand und Preis zu haben, wurde ich recht ungläubig angeschaut. Häh, Serge Gainsbourg, nie gehört! Naja, der gute Mann ist zwar schon seit rund 20 Jahren tot, in Frankreich aber so eine Art Nationalheiliger und auch im aktuelleren Musikbusiness taucht der Name immer wieder auf, so wurden seine Songs u. a. von Arcade Fire und Nick Cave gecovert. Erst letztes Jahr gab es dann auch noch eine sehr interessante Verfilmung seines Lebens von Joann Sfar. Wie so oft, begann dann die Erklärung, wer sich hinter diesem Namen versteckt über das Lied "Je t’aime … moi non plus" in dem sich Gainsbourg mit Jane Birkin durch 4 Minuten Fahrstuhlmusik stöhnt. Jaja, er war schon ein Ficker vor dem Herrn der Serge, außer mit Jane Birkin war u. a. auch Brigitte Bardot eine seiner "Musen". Nunja, mir wird es nicht gelingen, hier eine vollständige Biographie zu verfassen, wer mehr über den Mann erfahren will, dem sei die angesprochene Film-Bio ans Herz gelegt.





Auf jeden Fall nun also die Wiederauflage der Geschichte von Melody Nelson. Ein großartiges Album. Vermutlich das beste von Gainsbourg. Musikalisch weit entfernt vom Fahrstuhlgestöhne, geht es hier recht rauh und rockig zu. Klar, auch die Songs dieses Albums kommen entspannt und ein wenig Ohrläppchenleckend um die Ecke, machen aber doch erheblich mehr Druck und sind düterer als viele seiner anderen eher Pop orientierten Songs. Besonders die beiden Bookends des Albums, "Melody" und "Cargo Culte" entfalten eine bedrohliche Atmosphäre, die einen von der ersten Sekunde gefangennimmt. Eigentlich der gleiche Song, ist "Cargo Culte" mit etwas härteren Gitarren und einem Chor unterlegt, wogegen "Melody" mit einem Orchester hinterlegt ist. Insgesamt sind aber vor allem Gitarre und Bass die bestimmenden Instrumente des Albums und führen zu einem insgesamt rockigeren Sound, der jedoch im Verlauf der Story auch recht romantisch mit Geigen und ein wenig Schmalz unterfüttert wird. Das Album folgt der vom dramtischen Standpunkt her nicht unbedingt einfallsreichsten Geschichte vom älteren Mann, der der jungen Melody Nelson verfällt (zu der Gainsbourg gleich einen Film gedreht hat, den Vimeo Link dazu gibts weiter oben, ihr könnt quasi das ganze Album hören).


Nicht unbedingt die ausgefeilteste Story, ist das Album aber vor allem wegen der wegweisenden Instrumentierung zwischen Rockinstrumenten und Orchester/Chor sicherlich auch heute noch uneingeschränkt zu empfehlen, hat es doch die aktuelle Musiklandschaft mitgeprägt. Erst recht jetzt im aufpolierten Soundgewand zeigt es seine Qualitäten. Ausstattunstechnisch gibt es das Ganze als Deluxe, Super-Deluxe und Vinyl Edition wobei ich mir die Vinyl nicht entgehen lassen werde. Die Deluxe Editionen bieten die üblichen Outtakes und Alternativversionen, nett aber das eigentliche Prachstück bleibt das Album selbst im entstaubten Klang. Dafür gibts eine volle Schachtel Kippen für den lieben Serge, möge er in Frieden ruhen.

Wertung:

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