Mittwoch, 2. November 2011

Noel Gallagher, HMV Forum London, 30.10.2011

Gerüche sind was wunderbares. Man verknüpft Sie automatisch mit der Vergangenheit. Ob gut ,ob schlecht, der Geruch nimmt da keine Rücksicht. Am Ende des Konzerts im alt ehrwürdigen Forum in London (Kentish Town) roch es nach Oasis. Versteht mich nicht falsch es roch nicht gut. Hauptsächlich roch es nach Bier und Schweiß als ich über Massen von leergetrunkenen Plastikbechern gen Ausgang torkelte. Wenn man nach links und rechts schaute spührte man ein Gemeinschaftsgefühl wie in alten Tagen. Die Besucher hatten mal wieder zusammen ein Oasis Konzert durchgegröhlt. Die Stimmbänder am Arsch aber mit einer inneren Glückseeligkeit, die man nur schwer verstehen kann wenn man Oasis nicht live in England gesehen hat. Aber jetzt mal zurück zum Anfang.

Zum Beginn steht man in England landestypisch erstmal in einer nicht enden wollenden Schlange. Aber das macht nichts weil man ist ja voller Vorfreude auf das ist was da kommen mag. Ausserdem ist es eine schöne Möglichkeit zu sehen wie das Publikum aussieht und ob es sich verändert hat über die abstinenten Jahre. Hat es nicht - sieht immernoch top aus ;-). Nachdem ich es dann ins Venue geschafft hatte, die Jacke los wurde und mit Bier versorgt war, staunte ich über die Schönheit der Location. Aufgebaut wie ein altes britisches Theater mit hängender Tribüne über dem Pöbel (ganz wie bei Shakesbears Groundlings), versprühte das Venue eine alt ehrwürdige Atmosphäre mit trotzdem modernen Charme. 


Musikalisch eröffnet wurde der Abend von Murray James, dessen einzige Kernkompetenz war durch Gesang sein Geschlecht zu verschleiern. Er sang dermaßen beindruckend weiblich und soulig, dass wenn man die Augen schloss, schwören würde auf der Bühne stände eine Soul-Diva. Leider passte das nicht wirklich zum Abend und erst recht nicht zum Publikum. Daher war der Auftrit auch zu Recht ziemlich kurz. Nach einer längeren Aufbauphase wurde zur Musik mitgegröhlt oder klassisch das Bier nachgefüllt.


.... und dann kam Noel läßig und ziestrebigen Schrittes auf die Bühne. Man merkte ihm an er hat sich nun mit der Rolle des Frontmanns zurecht gefunden. Er selbst hatte ja Zweifel ob die Bühnenmitte seine ureigens angestammte Position sei. Aber nach den paar Konzerten, die er vor diesem gespielt hatte, scheint er angekommen im Rampenlicht. Da stand er nun hell erleuchtet - der Messias der britischen Popmusik. Ohne ein Wort zu verlieren legte er auch schon los. Am Anfang stand verblüffender Weise kein neuer  Track sondern eine alte aber trotzdem dennoch wunderbare Oasis B-Seite von Whatever. Man könnte es auch als Signal an Beady Eye interpretieren, dass gerade "It's Good (to be free)" an den Anfang von Noels Konzerten gestellt wurde. Wie auch immer, das Publikum hatte er somit schonmal auf seine Seite gebracht. Es gröhlte und schwelgte in Nostalgie ob  des alten Klassikers. Es ist bestimmt nicht bei jeder Band so, dass das gesamte Publikum eine B-Seite einer Single aus dem stehgreif mitgröhlen kann. Aber Oasis hatten und haben in England schon immer eine Sonderstellung inne. 

Als erster Nicht-Oasis-Track kam dann der Albumopener "Everybody's On The Run". Trotz der vermeintlichen "frische" des Songs zeigte sich das Publikum auch hier wieder textsicher. Besonders bei der Bridge des Songs wurden die Arme gen Himmel gereckt. Trotzdem spührte man, dass die "neuen" Songs nicht ganz so extatisch abgefeiert wurden wie die Oasis Gassenhauer, die Singles "If I Had A Gun" und "The Death Of You And Me" mal ausgenommen. Es wurde auch ein neuer Song namens "Freaky Teeth", der vermutlich auf dem im nächsten Jahr erscheinenden Nachfolger von "Noel's High Flying Birds" sein wird. Hier spührte man gar eine leichte Verunsicherung auf Grund dessen, dass den wenigsten die Lyrics bekannt waren.

Aber Noel ganz Profi wusste durch kurze und knackige Einsatz-Ansagen die Spannung während des gesammten Konzerts hoch zu halten. Nicht zu letzt durch die gute Mischung aus alt bekanntem wie z.B. "Wonderwall", "Suerpsonic" oder "Talk Tonight" und neuen Songs. Mit dem eher schwächeren Song "(Stranded On) The Wrong Beach" verabschiedete sich Noel dann von der Bühne um kurz darauf wieder zur Zugabe zurück zu kommen. Und diese Zugabe sorgte dann final doch für das zu Beginn geschriebene Gefühl und auch den Geruch.

Denn sobald die ersten Akkorde von "Don't Look Back in Anger" anklungen versank das Publikum wieder in eine sakrale Stimmung und schwelgte lautstark in der Vergangenheit. Die Songs der Zugabe wurden allesamt den verstorbenen Oasis gewidmet. Als großartigen Abschluß spielte Noel dann "Little By Little" (Jukebox-Nr in der Stammkneipe 636). Und langsam, ganz langsam (little by little) wurde dem Publikum klar. Es ist gar nicht so schlimm das Oasis nicht mehr ist. Die Songs werden bleiben und die Fans auch! 

Und weil das Konzert so super war und ich will dass ihr einen besseren Eindruck davon bekommt, habe ich auch ein kleines Video gebastelt. Entschuldigt meine diletantisch, verwackelte Kameraführung. Ich hoffe es gefällt trotzdem.



2 Kommentare :

  1. Hi Andi,

    toller Bericht - sehr gut geschrieben.. Man merkt, dass Du so langsam ein alter Hase bist (sowohl vom Schreiben her, als auch als Oasis Fan) :)
    Ist das Video mit dem iPhone gedreht? Bin echt überrascht, von der guten Sound- und auch Bild-Qualität.. Die Umstände bei so nem Konzert sind ja schon sehr "widrig"..
    Ein muss ich noch Fragen: Was hat es mit dem Fußball-Schnipsel bei ca. 7:43 auf sich? Versteckte Nachricht?

    LG - evtl. bis zum WE

    Harry

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  2. Hi Harry,

    danke für Deine lobenden Worte.

    ja vielleicht klappts am WE. Ich melde mich diesbezüglich nochmal. Es wäre aber mal wieder an der Zeit. Aber leider Zeit, die ich derzeit nicht wirklich habe. Vielleicht klappts trotzdem.

    Keine Ahnung wie das da rein kam. Frag die üblichen Verdächtigen Apple oder Google.

    LG
    Andi

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