Montag, 19. September 2011

Kasabian - Velociraptor!

erschienen am 16. September über RCA


Serge zwischen Sergio und Giorgio!

Jungs und Mädels packt den Union Jack aus, der Herbst wird englisch. Bevor im Oktober Onkel Noel mit seinem Debüt ankommt, dürfen die gefühlten Neffen von Oasis, namentlich Kasabian, die Pubs und Charts in England aus dem schwülheißen Sommer wachrütteln. Dies gelang schon mit der beatenden Vorabsingle "Switchblade Smiles“ recht gut. Mit einem Album irgendwo zwischen Spaghetti Western und dem New York der 80er dürfte den Lads aus Leicester auf der Insel nach "West Ryder Pauper Lunatic Asylum“ ein weiteres Hitalbum sicher sein. Und das zu Recht – alles in allem ist der "Velociraptor!“ durchaus solide mit einigen ziemlich großartigen Höhepunkten.

Mit diesen lässt sich das Album allerdings seine Zeit – die erste Seite kommt bis auf wenige Momente über ein ganz ordentlich nicht hinaus. "Let’s roll just like we used to“ ist mit seinen Anleihen am 60er Jahre Agentenfilm Soundtrack zwar nett, kommt aber insgesamt eher durchschnittlich daher und wäre als B-Seite nicht weiter aufgefallen. "Days are forgotten" startet nach einem Sergio Leone Intro mit viel Eiern um dann im Chorus ein wenig auf der Strecke zu bleiben – nette Single, Kasabian Style, aber nicht weiter auffällig. „Goodbye Kiss“ ist eine recht belanglose Ballade zu der es entsprechend auch nicht mehr zu sagen gibt, stört nicht, ist aber auch nicht notwendig. „The green fairy“, das folgende Stück, dagegen ist jedoch der erste Höhepunkt der Platte, ein wenig Beatles, schöne Drumteile und Serges Gesang – Balladen kann er einfach (s. British Legion von Empire) – schaffen eine wunderbar verträumt melancholische Atmosphäre die schon den Film "London Boulevard" getragen hat (Film-Tipp, Colin-Farrell-Keira-Knightley-London-Gangster-Love). Das Titelstück im Anschluss ist Energie pur mit Nonsense Text – ein sehr sauberer Rocker der von der Dynamik her stark an „Fast Fuse“ vom Vorgänger erinnert. Mit "Acid Turkish Bath (Shelter from the storm)" wird noch ein wenig Dylan und Led Zeppelin geheiligt, ruhige Passagen wechseln sich mit Led-Zep-Kashmir Pomp ab – auch nett, aber insgesamt zu wenig zwingend.

Dann geht’s aber los – lange genug auf die Folter haben’s und ja gespannt. „I hear voices“ verzichtet zwar auf Gitarren und setzt auf Elektro/Synthi-Sounds zu denen Tom schön was vom Seelenverkaufen, Mitternacht und dem ganzen Rock n’ Roll Kram nölt – aber der Refrain geht ins Ohr, die Beats pumpen schön und der Song eröffnet den absolut grandiosen zweiten Teil des Albums. Mit "Re-wired“ kommt dann auch gleich der großartigste Song dieser Sammlung. Ein Monster von Refrain – schon jetzt blitzen die Lichter vom Club in den Augen die zu den Beats anspringen werden. In den Versen ein 80er Ding reinster Güte, er würde auf einer Giorgio Moroder Collection nach Blondies „Call me“ nicht im Geringsten auffallen. Auch „Man of simple pleasures“ geht in diese Richtung. Hört sich komisch an, aber wenn Moroder einen Countrysong geschrieben hätte, würde er sich so anhören – klassisch und doch seiner Zeit voraus. Und ja klar, der Anfang ist Gorillaz in Reinkultur. Das stört aber nicht weiter. So wie auch bei allen anderen Anleihen kopieren Kasabian nie, alles wirkt eher wie eine Verneigung. Serge steht ja auch in Interviews immer kurz davor eine Liste seiner Einflüsse aufzuschreiben. Kann er ja auch – es ist offensichtlich, dass er selbst genug Talent besitzt um sich über seine Stellung als Songwriter keine Sorgen machen zu müssen. Zum Finale kommt "Switchblade Smiles“ langsam bedrohlich an um dann mit einem fetten Drumgerüst den recht harten Weg zum versöhnlichen Abschluss, dem akustisch verhuschten „Neon noon“ mit der Dampfwalze freizuräumen. Das letzte Stück ist dagegen sehr verträumte Stück welches einen nach dem Discobesuch mit „Switchblade Smiles“ direkt in den Schlaf wiegt. Das ist durchaus positiv gemeint. Das Stück ist nicht einschläfernd sondern eher wie der glückliche Dämmerzustand kurz vor dem Einschlafen. Happy End.




"Velociraptor!“ wird damit doch noch zu einem gelungenen Album, das sich zwar sehr viel Zeit lässt, dann aber besonders auf der zweiten Seite eine Hitdichte bereithält, wie sie andere Bands gerne in ihrer gesamten Discografie hätten. Dafür gäbe es objektiv von mir in meiner Debüt Review 3,5 Zigaretten, da man bei den Preisen die Kippen aber immer bis zum Filter raucht und das Album mich grade gegen Ende richtig packt werdens vier.

Wertung:

1 Kommentar :

  1. Jup, das wäre auch meine Wertung gewesen. Wobei ich "Days are forgotten" ziemlich geil finde ... ;)

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